Über den Liebstöckel: Leckeres Heil- und Küchenkraut

Liebstöckel (“Maggikraut”) ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Ich möchte hier eine Lanze für das wohlschmeckende Kraut brechen: es war noch vor wenigen Jahrzehnten so bekannt und vielbenutzt wie Petersilie und Schnittlauch.

Ich bin ein absoluter Liebstöckel-Fan. Als wir noch keinen Garten hatten, habe ich die Märkte, Bioläden und Feinschmeckergeschäfte der Umgebung immer nach dem leckeren Kraut abgegrast, hatte aber leider selten Glück. Ich kenne Liebstöckel vornehmlich aus dem Garten meines Großvaters; dort wuchs der “Maggikraut”-Busch fast mannshoch in einer sonnigen Ecke. Meine Oma hat immer etwas von dem Kraut in ihre köstlichen Salate geschnippelt und natürlich auch in ihren unvergleichlichen Fleischbrühen mitgekocht. So wurde der würzige, kräftige Geschmack von Liebstöckel zu einem Geschmack meiner Kindheit. Ich liebe ihn heute noch. Und alle, die Liebstöckel kennen, stimmen zu: Er schmeckt köstlich, und es ist absolut unklar, warum er heutzutage so unbekannt ist.

Liebstöckel ist aus den Lebensmittelläden verschwunden – zu Unrecht

Ich habe mich als Erwachsene immer gewundert, warum dieses bodenständige, leckere Kraut nicht so selbstverständlich in den Lebensmittelläden verkauft wird wie Petersilie und Schnittlauch. Es ist wie diese ein Basic der mitteleuropäischen Küche und wuchs bis vor wenigen Jahrzehnten ganz selbstverständlich in jedem Küchengarten. Auch in den Zutatenlisten von Rezepten findet man Liebstöckel kaum mehr. Hat etwa die beliebte Maggi-Würzsauce unseren guten alten Liebstöckel verdrängt?

Liebstöckel ist und war in “Maggi” überhaupt nicht enthalten

Dabei ist Liebstöckel in der Maggi-Würzsauce überhaupt nicht enthalten. Doch sein Geschmack erinnert ein wenig an den der künstlichen, stark glutamathaltigen Sauce, die seit der Jahrhundertwende (1900) in Deutschland berühmt wurde und immer noch beliebt ist. So wurde Liebstöckel im Volksmund zum “Maggi-Kraut”. Durchgesetzt hat sich die Bezeichnung “Maggi-Kraut” trotzdem. Und das ist ja eigentlich ein Kompliment, denn nur ein paar Tropfen Maggi sollen ja ein Gericht gleich ein paar Noten schmackhafter machen (ich weiß es nicht, denn bei uns zu Hause war Maggi als “künstliches Zeug” verpönt – und ist es bei mir heute noch). Aber auch das echte, frische Küchenkraut, der Liebstöckel, sorgt mit nur ein, zwei Blättchen im Salat für ein wonniges, würziges Aroma, und eine Hühnerbrühe, in der eine Viertelstunde Liebstöckel gekocht hat, schmeckt unvergleichlich besser als eine ohne.

Liebstöckel wächst, gedeiht und wuchert in jedem Garten

Seit letztem Jahr haben wir einen Garten. Liebstöckel gehörte zu den ersten Pflanzen, die ich hier setzte, und kann seither das tolle Kraut täglich ernten und in der Küche verarbeiten. Ich habe, da ich im Gärtnern noch unerfahren war und sicher gehen wollte, dass es auch anwächst, gleich zwei Liebstöckel-Töpfe aus unserer Gärtnerei in die Erde gepflanzt. Ich hätte es aber besser bei einer belassen sollen: schon jetzt, im zweiten Jahr, haben wir einen riesengroßen Busch, der schon seit Anfang März unglaublich üppig ausgetrieben ist. Man hat wirklich das Gefühl, dass man beim Wachsen zusehen kann – schneller wachsen nur Knöterich und Hopfen! Unser Liebstöckel wächst so schnell, dass ich mit dem Ernten und Verbrauchen kaum hinterher komme und beim Abschneiden eines Stängels befürchte, damit das unbändige Wachstum noch zu beflügeln. So kann ich nun Besuchern immer ein paar Stängel mitgeben und den Liebstöckel damit auch hier in der Stadt bekannter machen, wie er es verdient.

Liebstöckel mag es sonnig

Liebstöckel mag es gern sonnig, ist aber grundsätzlich total anspruchslos. Wer also seine Küche um ein fantastisches Aroma bereichern möchte und über ein Fleckchen Erde verfügt (ein Hinterhof reicht!), der setze oder sähe Liebstöckel. Er wächst eigentlich überall gut an, sofern er ein wenig Sonne abbekommt. Wir haben ihn nicht mal übermäßig gegossen. Und er ist mehrjährig: Ich habe das verwelkte Kraut im Herbst abgeschnitten und nur einen Strunk übrig gelassen. Im März fing der Strunk dann an, kräftig auszutreiben. Und jetzt haben wir wieder einen Riesen-Buschel.

Liebstöckel hat aber noch ein paar andere tolle Eigenschaften:

Liebstöckel wehrt Schädlinge ab

Liebstöckel ist ein guter Nachbar im Garten: Er hat eine schädlings-abwehrende Funktion und bietet damit den anderen Pflanzen in seiner Umgebung Schutz.

Liebstöckel ist ein Heilmittel

Seit Jahrtausenden ist Liebstöckel als Heilmittel für Verdauungs- und Unterleibserkrankungen bekannt (u.a. gegen Blasenentzündungen und Nierengries). Auch schleimlösend soll er wirken. Für den Gebrauch als Heilmittel wurde allerdings von den weisen Kräuterfrauen vor allem die Wurzel verwendet, in der wirksames ätherisches Öl und andere heilende Bestandteile enthalten sind. In früheren Zeiten meinte man “Hexen” daran zu erkennen, dass sie ein Stück Liebstöckelwurzel bei sich trugen, denn der Wurzel wurde nachgesagt, dass sie vor bösem Zauber schützen solle.

In der homöopathischen und anthroposophischen Medizin ist “Levisticum (officinale)”, der lateinische Name des Liebstöckel, ein bekanntes Mittel, das (auch im übertragenen Sinne) auf den Flüssigkeitshaushalt, die Schleimlösung und den “Durchfluss” positiv wirkt.

Für uns Mütter interessant: Liebstöckel hilft bei Mentruationsbeschwerden und wird auch von manchen Hebammen zur positiven Unterstützung bei der Geburt eingesetzt.

Liebstöckel soll angeblich aphrodisierend wirken

Dem Liebstöckel, dessen Name laut Wikipedia sich aus volksmündlicher Umwandlung des lateinischen “Levisticum” herleitet, wird allerdings auch aphrodosierende Wirkung nachgesagt. Auch das könnte seinen Namen ja leicht erklären (“Liebes-Stock”). Wenn ich mir die ungezügelte Wuchskraft des Krautes unter Sonnenwärme anschaue, kann ich mir leicht vorstellen, dass dem Kraut aphrodisierende Kräfte zugeschrieben wurden…

Liebstöckel in der Küche

Wenn man gern frisch und mit Kräutern kocht, muss man ihn einfach mal ausprobieren, diesen alten Kräuter-Klassiker! Ein paar Blättchen kleingehackt im Salat (hier mein Rezept für einen vorsommerlichen Kräuter-Salat mit Liebstöckel!), in der Kräuterbutter oder einfach auf dem Butterbrot mit Salz. Oder im Kartoffelbrei (hier zu einem Rezept, das auch Kindern lecker schmeckt). Am Ende kurz in Fleischbrühen mitgekocht (länger gekocht büßt er an Aroma ein), statt Petersilie zu Buttermöhrchen und überhaupt in Fleisch- und Gemüsetöpfen entfaltet er ein wunderbares, “altmodisches” Aroma.

Fazit:

Wenn Ihr Euren Kindern etwas Wunderbares mitgeben wollt für ihre Aroma-Entfaltung: Benutzt Liebstöckel!

2 Gedanken zu „Über den Liebstöckel: Leckeres Heil- und Küchenkraut“

  1. René sagt:

    Hej Maike,
    ich kann Dir nur zustimmen,
    wer Maggikraut nicht verwendet dem fehlt was im Leben
    Grüße aus Dänemark René

    1. Maike Cölle sagt:

      Lieber René, ja, das finde ich auch 🙂 Danke Dir für den Kommentar!

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